Am 27. April 1851 kam Kaiser Franz Joseph erstmals zur Auerhahnjagd nach Reichenau. Daraufhin wurde das Reichenauer Jagdrevier samt Jagdhütte der kaiserlichen Hofjagd überlassen. 1883 kaufte die Stadt Wien die Grundstücke auf der Knofeleben samt Jagdhaus.
Ehemals Friedrich Haller Haus
... nun das Naturfreundehaus Knofeleben
Am Beginn der 1920er Jahre kamen Stadt Wien und die Naturfreunde überein, auf der Knofeleben eine Schutzhütte für Bergsteiger* innen zu errichten. Wie bei allen Hüttenbauten dieser Zeit war dies mit viel Aufwand verbunden: alle Baumaterialien und Einrichtungsgegenst nde mussten vom Depot auf dem Scheiterplatz durch die Eng zu Fuß auf die Knofeleben getragen werden. Am 16.Juni 1922 war es endlich soweit, das erste Naturfreunde-Haus am Gahns wurde eröffnet. Die nächsten 30 Jahre wurde es zu Fuß mit der Krax‘n am Rücken versorgt. Der Bau der Forststraße in den Jahren 1953/54 erleichterte nicht nur die Bewirtschaftung ungemein, sondern bedeutete auch das langsame Ende der Holzbringung über die Holzrieß in der Eng. Wer heute durch die wunderschöne und mystische Eng zur Knofeleben hochsteigt, kommt an einer Nachbildung dieser Holzrutsche vorbei, über die jahrhundertelang Holz ins Tal gebracht wurde. So viel zur älteren Geschichte.
Mehr als 80 Jahre nach der Eröffnung des inzwischen nach Friedrich Haller, einem ehemaligen Finanzreferenten der Wiener Naturfreunde, benannten Hauses erfuhren meine Mutter Sabina Auer und ihr Mann Vitsch im Spätsommer 2004, als sie auf einer ihrer zahlreichen Wanderungen am Hallerhaus vorbeikamen, dass für die Hütte neue Pächter*innen gesucht werden. Meine Mutter, eine leidenschaftliche Köchin und Gastronomin, war sofort begeistert und begann noch im November desselben Jahres mit der Bewirtschaftung der Hütte. Da Vitsch anfangs noch berufstätig war und nur an den Wochenenden tatkräftig mithelfen konnte, war meine Mutter die ersten Jahre fast auf sich alleine gestellt, bis sie mit dem Nepalesen Hemji einen tollen Mitarbeiter fand. Auch heute noch beschäftigen wir zwei fleißige Jungs aus Nepal, Tenji und Dawa, ohne die eine Bewirtschaftung nicht möglich wäre.
Die ersten Jahre waren davon geprägt, das Friedrich-Haller-Haus wieder bekannt zu machen und die Gäste davon zu überzeugen, dass hier richtig gut gegessen werden kann. Wir konnten einen Stamm an Gästen und Freund*innen aufbauen, die uns bis heute die Treue halten. So lief bis zum 8. April 2011 alles perfekt. Die Hütte war bereit, um in die Saison 2011 zu starten, als uns ein Anruf erreichte, dass ein Wanderer im Wiener Rathaus gemeldet habe, dass es auf der Knofeleben brenne. Ein Rückruf bei einem Förster, der sich in der Nähe befand, bestätigte leider, dass die Hütte tatsächlich in Vollbrand stand. Da sich die Knofeleben im karstigen Einzugsgebiet der Wiener Hochquellwasserleitung befindet und es am Berg weder Quellen noch Bäche gibt, herrscht dort immer Wassermangel; so mussten die Feuerwehren Löschwasser mit Tankwagen zur Brandstelle bringen. Trotz eiligem Bemühen der Helfer* innen dauerte es weitere 50 Minuten, bis der erste Löschwagen am Brandort eintraf. Die 90 Jahre alte Holzhütte hatte mit ihrem Inventar reichlich „Futter“ für die Flammen geboten; sie war nicht mehr zu retten und brannte bis auf die Grundmauern ab. Die Feuerwehren konnten eigentlich nur mehr erfolgreich verhindern, dass an diesem stürmischen Tag die meterhoch lodernden Flammen auf den angrenzenden Wald übergreifen. Die genaue Brandursache konnte nie eindeutig ermittelt werden, nur mehr jene Stelle, an der das Feuer ausbrach: bei einer Verteiler-Steckdose auf Küchenkredenz, wo sich auch das Funkgerät befand. Vermutlich ein Kurzschluss, ein Riesenschock für uns alle.
Doch wichtiger als die Ursachenforschung war, dass die Naturfreunde Wien noch am gleichen Tag mit geeinten Kräften gemeinsam mit der Grundeigentümerin und den Pächter*innen die Neuerrichtung der Schutzhütte in Angriff genommen haben. Das Architekt*innenteam der baukult ZT GmbH startete unmittelbar mit der Planung, sodass im August bereits mit dem Bau begonnen werden konnte. Das Ziel der baukult-Architekt*innen, die hellste Schutzhütte Österreichs zu bauen, wurde erreicht. Nach dem Motto „form follows energy“ ergab sich die Gebäudeform aus Energie- und Lichtplanung heraus und nicht umgekehrt. Durch den gezielten Einsatz von Tageslicht und den Innenausbau mit hellen Holzarten wirken die Gästezimmer, aber auch die Gaststube lichtdurchflutet und sauber. Dank großflächiger, vorgefertigter Holzbauelemente wurde das Friedrich-Haller-Haus in extrem kurzer Zeit fertiggestellt. Nur 13 Monate nach dem Brand am 6. Mai 2012 konnten wir ein nahezu fertiggestelltes, modernes Gebäude mit einem großen Fest eröffnen. Heute ist unsere Berghütte sicher eine der modernsten des Landes und ein echter Magnet für Wander*innen und Ausflügler*innen.
Nachdem die ersten Schwierigkeiten so gut wie ausgemerzt waren, ereilte uns genau am dritten Jahrestag des Brands der nächste Schicksalsschlag: am 8. April 2014 erlag meine Mutter Sabina, die Seele der Knofeleben, nach langem Kampf ihrem Krebsleiden. Gemeinsam führten Vitsch und ich – bereits mit tatkräftiger Unterstützung meiner Lebensgefährtin Jennifer – das Haus Knofeleben die nächsten drei Saisonen im Sinne meiner Mutter weiter; am 1. April 2017 übernahmen Jennifer und ich dann die Pacht. Wir bereiten die Speisen noch selbst nach den alten Rezepten meiner Mutter wie zu Omas Zeiten auf dem Holzofen zu.